Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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gut! Christus selbst hat es gelehrt; und die Apostel hcu 
ben es mündüch verkündigt. Grund genug, um eö mit 
eben dem ehrerbietigen, gehorsamen und blinden Glauben 
anzunehmen, welchen wir dem geschriebenen Worte GocteS 
schuldig sind. 
Diese Regel leidet in Ansehung der theoretischen Wahr 
heiten gar keine, aber in Ansehung der praktischen doch eine 
Ausnahme, weil nehmlich die Apostel als rechtmäßige Vor- 
steher der Kirche bevollmächtigt waren, auch in ihrem eige 
nen Namen Verordnungen zu machen, und die äußerliche 
Kirchenzucht einzurichten. In der Gattung also sind die 
apostolischen Ueberlieferungen zweyfach, die einen göttlich, 
die andern menschlich; aber beyde, obwohl im verschiedenen 
Grade befolgungswürdig. Der Unterschied ist wenigstens 
alsdann für sich offenbar, wenn die Nothwendigkeit einer 
übermenschlichen Gewalt hervorleuchtet. So zum Bey 
spiele, stammen die Kindertaufe, die Ohrenbeichte ..... 
selbst vom göttlichen Heilande her, weil dieApostel, weder 
Sakramente einzusetzen, noch ihr Wesen zu bestimmen, noch 
ihnen die heiligmachende Kraft mitzutheilen vermochten. 
Nun haben wir den Satz: Glaube nichts, was in der 
Bibel nicht geschrieben steht, von allen Seiten geprüset, 
und er ist — wie eö leicht vorherzusehen gewesen — in der 
Prüfung übel, sehr übel bestanden. Wehe also den hart 
näckigen Anhängern desselben! Sie werden in der allgemei 
nen Prüfung eben nicht besser bestehen, wozu einst der aller 
höchste Richter das ganze Geschlecht der Adainskinder beru 
fen wird. 
Ol wenn sichs die Herren ernstlich zu Gemüthe näh 
men! gefragt, warum sie diese oder jene Wahrheit, die 
seit der Stiftung der Kirche, von allen gehorsamen Kin 
dern derselben ist geglaubt worden, nicht geglaubt haben? 
Werden sie antworten, Herr! wir haben sie in deiner Bi 
bel nicht gelesen. Aber der Herr: — wann und wo habe 
ich eö euch gesagt, daß die Bibel eure einzige und voll 
ständige Glaubensregel seyn soll? Diese Lehre haben euch 
meine Apostel weder schriftlich noch mündlich hinterlassen; 
ihr 'habt sie von denen ererbt, welche schon in den ersten
	        
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