Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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Daß das ewige Leben der Beobachtung der Gebote 
vorbehalten sey, damit sagen sie unö eben nichts neues. 
Aber warum erkennen sie kein Gebot des Glaubens? Dro-' 
her nicht eben derjenige den Ungläubigen mit dem ewigen 
Tode, *) der dem Beobachter des Gesetzes das ewige Leben 
verspricht? — Freylich ist der Glaube ohne die Werke todt, 
**) aber was sind die Werke ohne den Glauben? Sind 
sie besser, als ein Körper ohne Seele? Und es fallt schwer 
zu entscheiden, welcher Irrthum schädlicher sey, dem todten 
Glauben, oder dem unbeseelten Körper der Werke, mit 
der Seligkeit zu schmeicheln. Dieses ist gewiß, daß der 
innerliche Gräuel des Unglaubens, unter gewissen Bezie 
hungen, jenen der snndlichen Handlungen weit übersteigt. 
Wer sich wider ein Gebot der christlichen Sittenlehre ver 
stößt, der gehorchet dem göttlichen Gesetzgeber nicht, und 
beleidigt die allerhöchste Herrschaft desselben, jedoch ohne sie 
zu laugnen; aber wer einen Saß der christlichen Glaubens 
lehre als falsch verwirft, der ist nicht nur gegen den un 
umschränkten Herrn ungehorsam — weil dieser auch den 
Glauben bestehlt — sondern er laugnet ihm noch darüber 
— wenigstens mit der That — die Wahrhaftigkeit weg; 
folglich auch die unendliche Güte und Weisheit, woraus 
sie hervorquillt; und murhet also Gott eine der größten 
menschlichen Gebrechlichkeiten zu: das Vermögen zu betrie- 
gen und betrogen zu werden. 
Dazu kömmt noch, daß die Moral ganz auf den Glau-' 
ben gebauet ist. Die Natur der Sache selbst erfordert es. 
Die theoretischen Wahrheiten gehen immer vor den prakti 
schen; und diese richten sich nach jenen. So flössen die 
Ungereimtheiten aus dem Glaub.nöfysteme der abgöttischen 
Griechen und Römer gar bald in ihre Sittenlehre, und 
die Menschen machten sich eine Ehre daraus, alle die schänd 
lichen Laster öffentlich auszuüben, welche den Göttern ans l 
gedichtet wurden. Daher wird es allzu unwahrscheinlich, 
daß man je wie ein Christ leben würde, wenn man nicht 
*) Wer nicht glauben will / der wird verdammt werden. Mark. i(, 16. 
2«k. 17.
	        
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