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ihm dennoch? Er kann sein Ansehen mit keinem Beglau
bigungsschreiben unterstützen; er kann sich weder den strei
tenden Parteyen sichtbar darstellen, noch einen Ausspruch
thun, der beyden Theilen vernehmlich wäre; er kann keine
Zwangsmittel anwenden, um die Widerspenstigen zu Paa
ren zu treiben; mit einem Worte, er kann keinen Streit
handel zu Ende bringen, weil sich immer die Gegenpartei)
auf rhren eigenen Privatgeist beruft; und Lessen Eingebung
mir gleichem Rechte für untrüglich halt.
Wir thun ihm also kein Unrecht, dem Privatgeiste,
wenn wir ihn von dem Richterstuhle heruntcrwerfen, dessen
er sich in den Unglück icheu Zeiten des Christenthums, bey
manchen christlichen Gemeinen bemächtigt hat.
Dafür erheben einige den Landesfürsten darauf; aber
auch ihm, ungeachtet der tiefsten Ehrfurcht, die wir sonst
gegen seine geheiligte Person tragen, müssen wir dieses
absprechen, wenn wir der göttlichen Wahrheit wollen treu
bleiben.
Schon dreyhundert Jahre stund die Kirche, zwar immer
verfolgt, doch aufrecht blühend, und fast über den ganzen
Erdboden ausgebreitet; und noch nährte sie in ihrem Schooße
keinen Monarchen. Meinen wir etwa, sie habe sich und
die wesentliche Einheit des Körpers sowohl als des Glau
bens ohne einen höchsten Schiedsrichter in den Religions-
zweifeln, durch einen so langen Zeitraum erhalten können,
zumal, da die mannichfaltigsten Kcßereyen und Spaltungen
gleich bey ihrer Geburt entstunden, und unaufhörlich fort
währten; oder eö seyen die heidnischen Regenten von dem
göttlichen Stifter derselben bevollmächtigt gewesen, alle der
gleichen Streitigkeiten mit einem richterlichen Ausspruche
beyzulegen? Eines ist so ungereimt, wie das andre, bey
des offenbar falsch. Und was folgt daraus? — Bey der
ersten Einrichtung der Kirche ist dem Landesfürsten die
Schlichtung der Glaubenshändcl nicht anvertrauet worden.
Wann also, wann geschah eS? Nachdem christliche Kaiser
und Könige den Thron bestiegen hatten? — Die Anneh
mt! ng dcö Glaubens also, und die Umerwürsigkeit, welche