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zugleich wie ein Christ glaubte. Was sage ich, unwahr
scheinlich? Schlechthin unmöglich ist eö. Die Sittcnlehre
der Christen begnügt sich mit bloß menschlichen, bloß phi
losophischen Handlungen nicht; sie begehrt übernatürliche,
f und mit dem Glauben belebte Tugenden, die allein des
göttlichen Beyfalls würdig sind; — denn wohl gemerkt —
„ ohne den Glauben ist's unmöglich, Gott zu gefallen."*)
Der Ausspruch ist klar genug, und leidet weder Aus
legung, noch Verdrehung. Es ist also Thorheit; zu we
nig, es ist Unsinn, außer dem Chrlstenthume den Weg
deö Heils zu suchen. Und denen die Seligkeit zu ver
sprechen, die Christum nicht kennen, oder seine Lehre
nicht glauben, was ist es? Höflichkeit? Erbarmung? Men
schenliebe?— Nein! Boshafte Schmeicheley, verdeckter
Haß, abscheuliche Verratherey der Menschlichkeit ist e6.
Wer konnte cS besser wissen, wie weit sich die Noth
wendigkeit des Christenthumes erstreckte, als die ersten Ver
kündiger desselben, die Apostel? Welche mühsamen Arbei-
ten luden sie sich auf, welche beschwerliche Reisen unter'
nahmen sie, welchen Lebensgefahren stellten sie sich bloß,
welchen Qualen und Gattungen des Todes giengen sie un
erschrocken entgegen, um das Evangelium allen Völkern
zu predigen? Wozu alles dieses, wenn eine jede Religion
zum Himmel führt? Und wie predigten sie eö? — Hier
finde ich einen großen Unterschied zwischen den alttestamen-
tischen Lehrern und den Gesandten dcS neuen Bundes.
Jene verkündigen den Heiden auch manchmal das mosaische
Gesetz, aber sie empfohlen cS ihnen nur immer als ein
nützliches, nie als ein nothwendiges Mittel zur Seligkeit,
diese hingegen, wie sie allen gesitteten und barbarischen Na
tionen, Juden und Heiden, Griechen und Römern das
Evangelium kundmachen, oder doch kund zu machen ver-
4 langten; also stellten sie immer den thätigen Glauben an
dasselbe, allen ohne Unterschied, ohne Ausnahme, als das
einzige, und unumgänglich nothwendige Heilsmittel vor.
„Wer nicht glauben will, der wird verdammt werden."**)
*) H-br. ii, 6. **) Mark, ie, iS.
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