Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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Nein! er bildete seine Kirche wie einen wohlgestalteten 
Körper, wo nicht alle Glieder dieselbe Vorrichtung haben; 
er führte unter die Gläubigen Rang und Ordnung ein. 
Es sollten Untergebene und Vorsteher, Schüler und Lehrer, 
Schafe und Hirrcn seyn, und wie der Mensch, wenn er 
hört und redet, nur vermittelst des Hauptes hört und redet, 
so sollte auch die Kirche nur durch den Mund der Vorste 
her, der Lehrer und Hirten, nicht der Untergebenen, der 
Schüler und Schafe, über die Glaub'nözwcifel sprechen. 
Daher waren die Apostel die ersten, denen JesuS 
Christus dieses erhabene Richteranit anvertraute, und mit 
dem Verfprech.il anvertraute, daß ihre Stimme wie die 
seinige sollte gehört, und der ihnen bezeigte Ungehorsam 
also geracket werden, als wenn er ihm flöst, und seinem 
göttlichen Barer wäre erwiesen worden *), Es war auch 
allerdings nothwendig, denn wie hätten sie sonst das auf 
getragene Lehramt würdig verwalten, und alle Völker der 
Erde im Christenthume recht unterweisen können? Beyde 
Aemter hängen zusammen, oder waren vielmehr zwey Aeste 
desselben Stammes. Und deswegen erstreckte sich auch die 
Verheißung des göttlichen Beystandes, dre ihnen der Er 
löser bey der Gelegenheit machte, auf die Ausübung des 
einen sowohl als des andern **), 
Auf das Bewußtseyn dieses Beystandes gründete sich 
der zuversichtliche Ausspruch, womit sie bald darauf eine 
sehr wichtige Streitigkeit entschieden. Ob die Beobachtung 
des mosaischen Gesetzes noch zum Heile nothwendig wäre 
oder nicht; die Frage wurde von den jüdisch'» Neophyten 
aufgeworfen, und der bejahende Theil, zu großer Bestür 
zung der Neubekehrten aus dem Heidemhume, mit Eifer 
betrieben. Der Handel ward nicht sobald vor die Apostel 
gebracht, als sie sich versammelten, und nach reifer Erwa- 
*) Wer euch köret, der höret mich, und wer euch verachtet, der verach 
tet mich. Wer aber mich verachtet, der verachtet den, welcher mich 
gesandt hat. Luk. io, i6. 
**) Gehet hin, und lehret alle Völker. Lehret sie auch alles 
halten, was ich euch befohlen habe. Und sehet ! ich bin mit euch alle 
Tage, bis in», Ende der W»lt. Matth, -z, i§. 20.
	        
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