Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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Dort der Lahm?, da der Dumme. Dieser ist so unvermö» 
gend zu lesen, zu urtheil n, zu entscheiden, wie jener von 
seiner Lagerstatt aufzustehen, durch den Haufen zu dringen, 
zu entlaufen. ES kann ihm also auch nur auf eine nicht 
ungleiche Art geholfen werden. Es muß jemand statt seiner 
leftn, urtheilen, entscheiden, und er muß sich ihm demü 
thig unterwerfen, sich von ihm gelehrig leiten und regieren, 
ja gleichsam auf den Handen herumtragen lassen. 
Daher, wenn der einfaltige und unwissende Mann von 
einer Seite seine Einfalt und Unwissenheit fühlt, und von 
der aüdern der unendlichen Gute Gorieö so viel, |alö sichs 
gebührt, zutraut; überredet er sich bald selbst, daß eS ein 
untrügliches Ansehen gebe, welches ihm die unmögliche Un 
tersuchung erspare, und mir seinen Entscheidungen, was zu 
glauben, und nickt zu glauben sey, deutlich vorlege. Und 
dabey ist er glücklich. Mit verschlossenen Augen findet er 
die wahr? Kirche, weil er aus dem Gefühle seines Unver 
mögens gewiß weiß, daß alle die nothwendig falsch sind, 
welche ihn zum Richter über die Glaubcnöwahrheiten be 
stellen wollen, und weil eine einzige auö allen, diese Sorge 
auf sich nimmt, und von ihren Anhängern mehr nicht, als 
eine demüthige Gelehrigkeit und einen blinden Glauben be 
gehrt. 
Doch warum reden wir nur von den Einfältigen und 
Unwissenden? Die gelehrten und aufgeklärten Köpfe, bedür 
fen sie vielleicht weniger des Ausspruchs eines untrüglichen 
Richters? O! Sie sind in manchen Fällen eben so unver 
mögend zu urtheilen Und zu entscheiden, als der dumme 
Pöbel, und wenn sie es weniger empfinden ihr Unvermö 
gen, so ist es nur der Stolz, der ihnen das Gefühl er 
stickt. Ihre Ungewißheiten, ihre Zweifel, ihre Vorurtheile, 
ihre Irrthümer, welche meine Vermuthung rechtfertigen, 
lassen sich aus den immerwährenden Kriegen abnehmen, die 
sie gegeneinander führen. 
So ist cs dargethan, daß der allgemeinen Nothdurft 
der Menschen, ohne das untrügliche Ansehen der Kirche 
gar nicht abgeholfen wäre. Und weil man so etwas der 
Güte und Weisheit des göttlichen Stifters nicht zumuthen
	        
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