Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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Hoffnung in dem Irrthume starken, damit sie desto weni 
ger umsehen, und desto gerader dem Verderben zulaufen? 
O Toleranz! wie treflich verträgst du dich mit der Men 
schenliebe! Und dennoch betreiben die menschenfreundlichen 
Philosophen, eine wie die andre, mit gleicher Hitze. WaS 
sollen wir von ihnen anders denken, als daß diese Herren 
nur den unedler« Theil deS Menschen, den Körper lieben; 
den cdl.ru Theil hingegen, das lebendige Bild des Schöp 
fers, die Seele, mit unversöhnlichem Hasse verfolgen? 
Ja fürwahr, nur diesen Begriff kann das so lieblich 
klingende Wort, Menschenliebe, in ihrem Munde aus 
drücken, wie hingegen die Grausamkeit, deren sie uns deß- 
Halben beschuldigen, in der Thar weder mehr noch weniger 
ist, als die liebenswürdigste Redlichkeit, die zärtlichste Zu 
neigung, und die aufrichtigste Begierde, alle, alle Men 
schen hier und dort ewig glücklich zu machen. 
Man schelte uns immerhin als gefchworne Feinde des 
Nächsten, als unbarmherzige Verdammer unserer Brüder- 
als steinharte Radamanthcn unseres Geschlechtes, die sich 
nur immer mit Verdammungen herumschlagen, und einem 
jeden, der anders denkt, mir lauter Stimine zuschreyen: 
Du bist verdammt, du bist verdammt. Das 
Zeugniß des Gewissens setzt uns über dergleichen Verlaum- 
dungen hinaus. Wir sagen nur, und sagen es aus wah 
rer Menschenliebe, aus christlicher Erbarmung, hüte dich, 
du irrst, dieser Weg führt zur Verdammung, so wie wir 
etwa unserm Freunde sagen: gib Acht, in diesem Gebürge 
halten sich Räuber auf; diese üble Haushaltung wird dich 
unglücklich machen; diese Handlung wird dir die Ahndung 
des Landesfürsten und die gesetzmäßige Strafe zuziehen. 
So mag auch Rousseau immerhin in die Welt 
schreiben: „Gott bewahre cs, daß ich jemals den Men 
schen den grausamen Grundsatz der Unduldsamkeit predige, 
daß ich jemals sie anreize, den Nächsten zu verfluchen, 
und zu ihresgleichen zu sagen, du wirst verdammt werden/") *) 
*) Emile. T. Z. p. r»7-
	        
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