Es ist zu bewundern, daß man sich getraut mit so ei
nem Sahe öffentlich zu erscheinen, und damit seine Tren
nung zu rechtfertigen. Merkt man es dann nicht, wie ge
rade er der Wahrheit entgegensteht? Einmal, wenn das
Lehr- und Predigramt, welches vom göttlichen Stifter gleich
anfangs in der Kirche eingesetzt worden, schon bey seinem
Ursprünge, die Kennbarkeit der Schafe und Hirten erfo-
derle, würde es in der Folgezeit ohne dieselbe bestehen,
würde es ausgeübt werden, wenn beyde zugleich, das
Schaf aus den Augen des Hirten, und der Hirt aus den
Augen des Schafes, plötzlich verschwanden? und bestehen
muß es und ausgeübt muß eö immer werden, immer bis
aufs Ende der Zeiten, weil der Leib Christi, das heißt,
die Kirche, immerfort muß erbauet, die Zahl ihrer Anhän
ger immer vermehrt, und diese Anhänger zur vollkomme
nen Heiligkeit, stets müssen angeführt werden, bis sie alle
in der Einheit des Glaubens, dem göttlichen Richter
entgegenkommen. *)
Eben so, wenn die Kirche das Reich Christi hier
auf Erden, und auch unter dieser Beziehung wesentlich
sichtbar ist, so bleibt sie es, so lange das Reich dauert»
Nun aber wird diesein Reiche die ewige — nämlich bis
zum Ende der Welt — die ewige Fortdauer, sowohl im
alten, als im neuen Bunde, ausdrücklich versprochen. **)
Wollten wir der Ordnung nach zurückgehen, so wür
den sich dergleichen Vernunftschlüffe so viel anbieten, als
*) Und er bat etliche zwar zu Aposteln, etliche aber zu Propheten, ets
liehe zu Evangelisten, etliche zu Hirten und Lehrern gesetzt, zur Voll-
koininenheit der Heiligen, zum Werke des Predigtamtes, und zur Er
bauung des Leibes Christi, bis wir alle einander in Einigkeit des Glau
bens, und Erkenntniß des SobneS Gottes begegnen, und im Maaße
des vollkommenen AlrerS Christi, zu einem vollkommenen Manne wer
den. Eph. 4, il — 13.
**) Zur Zeit aber dieser Königreiche, wird der Gott des Himmels ein
Reich erwecken, das in Ewigkeit nicht wird zerstört werden, und sein
Stoniiri’id) wird keinem andern Volke übergeben werden. Alle diese Kö
nigreiche wird er zermalmen, und verzehren, tS aber wird ewiglich be
stehen. Da». 2 , 44.
Gott der Herr wird ihm den Thrvu seines Vaters David geben,
und rr wird über da« Haus Jakob ewig herrschen. Und seine« Reich«
wird kein Ende seyn. Luk. i, zs 3z.
Philos. der Religion 6. Band, 5