Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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Diese so natürliche, so ungezwungene, den grammati 
schen Grundsätzen so angemessene, und folglich so richtige 
Auslegung der Worte des Erlösers, worüber wir jetzt eine 
kurze Betrachtung angestellt haben, wird noch zum Ueber- 
fiuße von den nächst darauf folgenden ungemein bestätigt. 
Es ist schon bewiesen, daß der Fels und die Schlüs 
sel, diese zween verblümten Ausdrücke, e^en denselben Ge 
genstand, die höchste Gewalt bedeuten. Diejenige einzelne 
Person also, welche die Schlüssel bekommen wird, ist auch 
jener Fels, worauf die Kirche wird gebauet werden. Nun 
wem werden die Schlüssel versprochen? — Haben wir Acht 
auf daö Bindewort und, und auf das persönliche Fürwort 
dir, so verschwindet aller Zweifel. „Simon, du Sohn 
des Jona! du bist ein Fels, und dir werde ich die 
Schlüssel des Himmelreichs geben." Rede ich dunkel oder 
zweifelhaft, wenn ichfage: „Kleon! du bist ein Philosoph, 
und dir werde ich meine Schriften zur Beurtheilung übergeben?" 
Ja! sagt man, dem Sohne des Jona werden die 
Schlüssel versprochen; aber nicht für seine Person, sondern 
für die ganze Kirche, deren Stelle er jetzt vertritt. 
Unbefugter Machtspruch! Wer har ihn an diese Stelle 
gesetzt? wer zum Abgesandten der Kirche bestellt? Wun 
derbar! Der Herr will erst auf ihn, wie auf einen Felsen, 
die Kirche erbauen, und er steht schon da, alö ein Abge 
sandter derselben Kirche! 
Dieses laßt sich erklären, fährt man fort. Die Kirche 
besteht schon in den Aposteln; und weil die Frage an alle 
gerichtet wird: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?" 
so antwortet Petrus an ihrer aller statt: „Du bist 
Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." 
Der Einfall ist nicht glücklicher. Wie soll Petrus 
im Namen aller seiner Collegen annvorren, da er zuvor 
weder die Vollmacht empfangen hat, noch weiß, was sie 
denken, oder was sie sagen wollen? Richtiger. Er allein 
wird- von oben herab erleuchtet, und bekennt mit lauter 
Stinime die Gottheit ihres allgemeinen Lehrmeisters. Die 
übrigen schweigen, anfangs ungewiß, was zu reden wäre;
	        
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