Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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Wenn eine Kirchengemeine den Ihrigen Grundsätze — 
zu glauben oder zu üben — vorlegt, worunter manche — 
ja sollte eS auch nur ein einziger seyn — entweder der Ver 
nunft, oder der Offenbarung oder den Vollkommenheiten 
des höchsten Wesens, oder der natürlichen Ehrbarkeit der 
Sitten, oder was und wie immer für einer christlichen Tu 
gend entgegen stehen, so schmeichelt sie sich vergebens Mit 
der Heiligkeit. 
Ein heiliges Lehrsystem ist durchaus rein, von allen 
Falschheiten, Ungereimtheiten und Widersprüchen gänzlich 
geläutert. Es verabscheut alle Laster und empfiehlt alle Tu 
genden ; es leitet immer zum Guten und verhaut alle Wege 
zum Bösen. Es entzieht weder den Rechten des Schöpfers 
etwas, noch dein angebornen Vermögen des Geschöpfes; 
weder der Kraft der übernatürlichen Gnade, noch der Frey 
heit des menschlichen Willens; weder der Genugthuung des 
Erlösers noch den guten Werken des Erlösten; weder dem 
Glauben noch der thätigen Liebe. Eö macht weder Gort 
zum Urheber der Sünde, noch die Beobachtung seiner Ge 
bote unmöglich. Mit einem Worte, es ist unbefleckt, ge 
treu und gerecht; es ist hellleuchtend, bildet wahre Weife, 
und lenkt die Seelen auf alle Wege der Tugend ein *)♦ 
Daher sind auch immer die Befolger desselben heilig, 
und die weiseste Vorsehung wacht stets, damit es ihrer > 
Kirche an dergleichen ediern Gliedmaaßen nie mangele. Zwar 
sollten es ohne Zweifel alle ihre Anhänger seyn, allein bey 
einer so großen Haushaltung gibt es mannichfaltige Ge 
fäße aus Gold und Silber, aus Thon und Holz; **) und 
in einer so häufigen Versammlung gebrechlicher Menschen 
lassen sich nie alle Steine des Anstoßes heben ***). Schon 
*) Das Gesetz des Herrn ist unbefleckt, und bekehrt die Seelen. Das 
Zeugniß des Herrn ist getreu, und gibt den Kleinen Weisheit. Die 
Befehle des Herrn find gerecht. Das Gebot jbes Herrn ist hell, 
und erleuchtet die Angen. Psalm. 18. S. s. 
**] In einem großen Haufe aber sind nicht allein goldene uni silberne, 
sondern auch irdene und hölzerne Gefäße, und etliche zwar zur Ehre, 
etliche aber zur Schande. Tim. 2, 20. 
***> Es ist nothwendig, daß Aergernisse kommen. Matth. 1$, 7-
	        
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