Full text: Philosophie der Religion , 6 (06)

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damit was zu einer Zeit, in einem Orte, von einem Men, 
schen geglaubt wird, auch zu allen Zeiten, in allen Orren, 
von allen Menschen geglaubt werde; eine Regel, die Anse 
hen und Macht habe, die Unwissenheit zu erleuchten, die 
Irrthümer zu tilgen, die Zweifel zu heben, die Streitig 
keiten zu entscheiden, die Gemüther zu unterwerfen, zu ver 
einig n, und vor aller Gefahr zu irren, sicher zu stellen, 
dam ein jeder mit dem Apostel sagen könne: „Ich weiß, 
wem ich geglaubt habe *)," 
Darüber streiten die verschiedenen Religionsparteyen mit 
einander nicht; ja sie stimmen amch darin gern überein, 
daß sie das Wort Gottes für die jetzt beschriebene Glau 
bensregel annehmen. Billig.' denn der G aube, von dem 
wir handeln, ist ein göttlicher Glaube; wie soll er aber 
göttlich seyn, wenn kein göttliches Ansehen, kein göttliches 
Zeugniß, kein göttliches Wort vorausgeht? Es rede mir 
nur, entweder ein Engel vom Himmel, oder ein Mensch 
von der Erde, so lange keiner von beyden von Gott gesen 
det ist, und'die Vollmacht seiner S ndung aufweist, mag 
ich ihnen zwar glauben; aber nimmer wird sich mein Glau 
be aus der Klasse der bloßmcnschlichen Akte herausheben; 
nimmer wird er — aus Mangel des göttlichen Beweggrun 
des — göttlich seyn. 
In Rücksicht auf eine so allgemeine Uebereinstimmung 
in der Grundregel, welche die vollkommenste Gleicbhcit des 
Glaubens, und die süßeste Einigkeit der Gemüther stiften 
sollte, muß UNS nothwendig die entgegengesetzte Wirkung 
sehr befremden; die so große Verschiedenheit des Glaubens, 
und die so bittere Trennung der Gemüther, die wir unter 
den christlichen Gemeinen antreffen. Woher so eine Unord 
nung? Liegt der Fehler am göttlichen Worte, oder an des 
sen Anwendung? Niemand getrauet sich, das erste zu be 
haupten, also das zweyte. 
Ja freylich in der Anwendung wird auf die mannich- 
faltigsten Arten gefehlt. Bald v rstümm lt man es, bald 
mischt man Menschenwort darin; bald verdrehet man es; 
•) -.Tim. i. ir.
	        
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