Full text: Gesammelte Werke (15)

130 Die Probe 
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Er war mittelgroß, leicht ergraut, und sah sehr 
anständig aus. 
Seine Frau hatte sehr vernünftige Eigenschaften, 
aber auch einige Fehler. Sie wurde leicht heftig, 
hatte eine Art und Weise sich zu geben, die beinah 
gewaltthätig genannt werden konnte, war dick 
köpfig und rachsüchtig bis aufs äußerste. Sie 
war früher hübsch gewesen, dann war sie fett ge 
worden, etwas rot, galt aber in Saint-Germain, 
in ihrem Viertel, noch immer für eine sehr an 
sehnliche Frau, die ein Bild der Kraft und Ge 
sundheit bot, aber keinen liebenswürdigen An 
blick. 
Die Meinungsverschiedenheiten des Ehepaars 
begannen fast immer schon beim Frühstück bei 
gleichgiltigen kleinen Gesprächen. Dann waren 
sie bis zum Abend, ja oft noch bis zum nächsten 
Tag verzankt miteinander. Ihr einfaches, in be 
schränkten Grenzen sich abspieleydes Dasein verlieh 
auch den geringsten Dingen, die sie thaten, einige 
Wichtigkeit, und jeder Gesprächsgegenstand wurde 
sofort zum Streit. Früher war es nicht so ge 
wesen, als sie noch das Geschäft hatten, das ihre 
Zeit in Anspruch nahm, als gemeinsame Sorgen 
ihr Herz bedrängten und sie in gemeinsamem In 
teresse, das es zu wahren galt, sich eng aneinander 
schlossen.
	        
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