Full text: Gesammelte Werke (15)

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Die Probe 
Gemahl, wie so viel andere. Er hatte traurig ge 
sagt: „Mir ist es manchmal, als ob sie gegen 
unsere Freunde vertrauender und liebevoller wäre, 
als gegen mich." So dachte also ein Ehemann, 
ein sentimentaler Blinder, den das Gesetz Ehemann 
nennt, über die besonderen Aufmerksamkeiten seiner 
Frau gegen einen anderen. Mehr hatte er nicht 
gemerkt! Er war eben wie alle übrigen, alle 
anderen. 
Wie seine eigene Frau, über ihn, Bondel, so 
seltsam gelacht hatte: 
— Du auch! Du auch! — Wie diese Geschöpfe 
verrückt und unvorsichtig sind, daß sie einem solchen 
Verdacht ins Herz gießen können, nur um den 
Mann herauszufordern. 
Er ging in Gedanken ihr gemeinsames Leben 
durch, ihre früheren Bekanntschaften, ob sie etwa 
jemals einem anderen mehr Vertrauen und Hin- 
gebung geschenkt, wie ihm. Er hatte nie jeniand 
in Verdacht gehabt, so ruhig und sicher war er 
ihrer, so besaß sie sein Vertrauen. 
Aber doch, sie hatte ja einen Freund gehabt, 
einen intimen Freund, der beinah ein Jahr lang 
drei Mal wöchentlich bei ihnen aß: Tancret, der 
gute Tancret, der brave Tancret, den er, Bondel, 
liebte wie einen Bruder, und den er immer noch 
heimlich ab und zu sah, seitdem sich seine Frau
	        
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