246 HI. Buch. III. Abschn. Besond. Ausbild. d. Naturr. in d. einz. Systemen.
licher beliebiger Gebrauch. Aber auch allein diese Konsequenz
bindet ihn.
„Leicht bei einander wohnen die Gedanken,
Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen."
Fichte konnte sich täuschen und seinem ursprünglich frei
gesetzten Ich eine Beschränkung deduciren. Aber das lebendige
Ich, das seine Freiheit nicht dem Gesetze der Republik und
ihrer Gleichheit verdankt, sondern der eignen reellen Kraft —
konnte die Inkonsequenz nicht begehen und sich eine Beschrän
kung für Andere auflegen. Und nur für Ein solches Ich,
wenn es konsequent ist, hat die Welt Raum.
Siebentes Kapitel.
Zusammenfassung der Ergebnisse, das Naturrecht in seiner
letzten Gestalt.
Mischung von Kant und Fichte als Charakter des NaturrechtS, wie es die allgemeine
Bildung erfüllt. — Abriß der naturrechtlichen Doktrin, wie sie durchschnittlich in
den Lehrbüchern sich darstellt.
Mit Kant ist das Naturrecht, das Grotius begründet,
zum wissenschaftlichen Abschluß gebracht. Die nachfolgende
Bearbeitung durch Fichte hat keineswegs den Standpunkt
Kants überwunden und verdrängt, sie hat nur eine solche Kritik
an demselben geübt, die dieser wieder umgekehrt an ihr üben
könnte. Denn ihr gegenseitiges Verhältniß ist nur das: von
den beiden Stützpunkten, zwischen denen das Naturrecht schaukelt,
weil es nicht möglich ist, auf beiden zugleich zu stehen, dem
freien Ich und dem logisch nothwendigen Gesetze, nimmt Fichte
seine Stellung bloß auf dem ersten, Kant dagegen vorzugs
weise auf dem letzten. Ja die Lehre Fichte's erscheint hiedurch,
was seine ganze Anlage betrifft, mehr als ein Extrem gegenüber