Das Bild
173
plötzlich, indem es unsere Laune beeinflußt. Die
Harmonie der Möbel und Wände, der Stil einer
Wohnung reagiert sofort auf uns, wie die Wald-
luft, die Meeresluft oder die Berglust unser Be
finden ändert.
Ich setzte mich auf einen ganz unter Kissen
begrabenen Divan und fühlte mich plötzlich durch
diese kleinen. Seiden-überzogenen Federsäcke ge
tragen und gefesselt, als ob dies Möbel genau
für Form und Gestalt meines Körpers gemacht
worden wäre.
Dann blickte ich mich um. Es war nichts
Ausfallendes im Zimmer. Überall standen schöne,
bescheidene Gegeiistände, einfache aber seltene Möbel,
Vorhänge aus dem Orient, die nicht nach dem
großen Kaufladen riechen, sondern nach dem Innern
eines Harems, und gerade mir gegenüber hing ein
Frauenbild. Es war ein Brustbild mittlerer Größe,
Kopf und Oberkörper sowie die Hand, die ein
Buch hielt. Sie war jung, trug nichts auf dem
Kopf und lächelte etwas traurig. War es, weil
sie nichts im Haar hatte, oder weil ihre Stellung
so natürlich war, aber mir kam es vor, als hätte
ich noch nie ein Bild gesehen, das so an einem
Ort hing, wohin es paßte, als dieses. Fast alle
Bilder, die ich kenne, wirken posierend. Entweder
haben die Damen zum Gemaltwerden andere