Full text: Gesammelte Werke (15)

Das Bild 
175, 
{o allein und daheim, daß sie dieses ganze große 
Zimmer absolut tot machte. Sie bewohnte, erfüllte, 
belebte es ganz allein. Es konnten viele Menschen 
hier eintreten, alle Leute konnten sprechen, lachen, 
sogar singen, und sie wäre doch mit ihrem einsamen 
Lächeln allein geblieben und hätte den Raum 
allein belebt mit ihrem Blick aus dem Bilde 
heraus. 
Und dieser Blick war ganz einzig. Er richtete 
sich ganz gerade auf mich, zärtlich und starr, ohne 
mich zu sehen. Alle Bilder wissen, daß man sie 
ansieht und antworten mit den Augen, die sehen, 
oie denken, die uns folgen, ohne uns zu verlassen 
vom Augenblick ab, wo wir eintreten, bis daß wir 
die Wohnung, die sie bewohnen, wieder verlassen. 
Dieses Bild sah mich nicht, sah nichts, obgleich 
sein Blick gerade auf mich gerichtet war. Und ich 
dachte an Beaudelaires wundervolle Verse: 
„An Deinen Augen häng' ich wie festgebannt, 
Als wärst Du ein Bildnis von Meisterhand." 
Und wirklich zogen sie mich unwiderstehlich an, 
trafen mich ganz seltsam, gewaltig, diese gemalten 
Augen, die einst gelebt hatten oder vielleicht noch 
lebten. O welch unendlicher Reiz wie ein sanfter 
Windhauch, der liird geht, verführerisch wie der 
in Lila, Blau und Rosa sterbende Abendhimmel, 
ein wenig melancholisch wie die niedersinkende
	        
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