208
Ein Scheidungsgrund
noch ein paar Stellen aus dem Tagebuch lesen,
das wir in einem Fach des Schreibtisches gesunden
haben:
— Wie traurig und häßlich das alles ist.
Immer dasselbe, immer gräßlich. Ach, ich träume
von einer schöneren Erde, verschiedener gestalt
stolzer und vornehmer. Wenn der Gott diese.
Leute wirklich lebte, wie armselig wäre er doch
an Einbildungskraft, wenn er nicht andere Dinge
anderwärts geschaffen hätte. Immer nur Wälder,
kleine Wäldchen, Flüsse, die wie Flüsse aussehen,
Ebenen, die den Ebenen ähneln. Alles ist ewig
das Gleiche. Und der Mensch? Der Mensch,
welch' fürchterliches Vieh ist er doch, — bösartig,
ehrgeizig, widerlich
Man müßte lieben, lieben bis zum Wahnsinn,
aber ohne das zu sehen, was man liebt. Denn
mit dem Sehen kommt die Einsicht, und mit der
Einsicht die Verachtung. Man müßte lieben, indem
man trunken wird vom Weibe, wie Wein uns
trunken macht, so sehr, daß man nicht mehr weiß,
was man trinkt. Und trinken, trinken ohne ab
zusetzen, ohne Atem zu holen, Tag und Nacht . .
Ich glaube, ich habe es gefunden. In ihrem
ganzen Wesen hat sie etwas Ideales, daS nicht