Full text: Gesammelte Werke (15)

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Ein ScheidungSgrund 
Diese Blumen da, die den Vorraum meiner 
heimlichen Leidenschaften schmücken, sind meine 
Dienerinnen, nicht meine Favoritinnen. 
Sie grüßen mich, wenn ich vorüberschreite, in 
ihrer wechselnden Farbenpracht und ihrem frischen 
Dufthauch. 
Sie sind reizend, niedlich. Acht Reihen hoch 
links, acht Reihen hoch rechts aufgebaut und stehen 
so eng aneinander, daß sie wie zwei Gärten aus 
sehen, die bis zu meinen Füßen herabreichen. 
Mein Herz bebt, mein Auge entzündet sich, 
wenn ich sie sehe; das Blut jagt mir durch die 
Adern, meine Seele jauchzt auf, und meine Hände 
zittern vor Lust, sie zu betasten. Ich gehe weiter. 
Am Ende dieser hohen Gallerte liegen drei ge 
schlossene Thüren. Ich kann wählen, ich besitze 
drei Harems. 
Am häufigsten gehe ich zu den Orchideen, 
meinen Lieblingszauberinnen. Ihr Zimmer ist 
niedrig, betäubend. Die feuchte, warme Luft näßt 
die Haut, läßt den Atem kürzer werden und die 
Finger beben. Jene seltsamen Mädchen kommen 
aus sumpfigen, heißen, ungesunden Ländern, sie 
berücken wie Sirenen, töten wie Gift, sind wunder 
bar, entnervend und entsetzlich. Da stehen welche, 
die aussehen wie Schmetterlinge, mit Riesen- 
klügeln, kleinen Pfötchen und Augen. Denn sie
	        
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