Full text: Gottgesandte Wechselwinde

Bitte vorträgt, beim Herrn Direktor gemeldet zu werden. 
Durchs Wartezimmer kommt unterdes der Herr Rat 
Heubner, vor dem der Kastellan ehrerbietig dienert, obwohl 
der alte Herr nur einen Schlüssel vom Türpfosten holt und 
damit verschwindet. Während der Herr Rat in stiller Be 
schaulichkeit draußen verweilt, versammeln sich noch ein 
langaufgeschossener, bleigrauer Bibliothekar, der Herr 
Schütz, und andere Hoftheaterbeamte: der Schauspiel 
diener, der Operndiener und der Orchesterdiener, alle in 
silberknöpsiger Amtstracht. Sie schwäbeln stark, tauschen 
eine Prise Schnupftabak aus und sprechen mit wichtiger 
Miene über die Stimmung „drinnen", hinter der leder 
gepolsterten Tür. So erhaben sie sich zu fühlen scheinen über 
alles, was nicht Hofbeamter ist, - vor dem unsichtbaren 
Geist „drinnen" scheinen sie doch einen großen Bammel zu 
haben. Der Bammel des Meininger Bittstellers wuchs da 
durch noch. 
„Herr Hofschauspieler Hegger aus Meininge!" ruft der 
Kastellan Bulinger, aus dem Allerhciligsten heraustretend, 
mit der Befehlsstimme eines Regimentskommandeurs. 
Und der blaffe Kandidat tritt ein. 
Ein feiner, tadellos angezogener Herr von vornehm- 
sicheren Formen, mit klugen Augen, angegrauten Bart 
koteletten und einem schmalen, sehr hübschen Mund heißt ihn 
willkommen. Er spricht sanft, leise, aber überaus deutlich. 
„Sie waren mir von vertrauenswürdiger Seite emp- 
fohlen, Herr Höcker. Ich habe Sie zu diesem Gastspiel be 
rufen, weil man mir besonders rühmte, daß Ihr Spiel sehr 
natürlich sei. Ich bin ein Feind aller Kulissenreißerei, ich 
kann kein falsches Pathos und keine Übertreibung ver 
tragen, die auf Galeriewirkung ausgeht. Schlichte Kunst 
der Menschendarstellung ist mir alles."
	        
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