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mehr, als ein Koffer und eine gestickte Reisetasche
bergen konnten, abgezogen.
Mein Vater hing mit einer geradezu ergreifenden Liebe
an seinem alten Herrn. Auch zwischen Mutter und Groß
vater bestand ein herzliches Einvernehmen. Und Großvater
und Onkel Gustav umschlang das Band des gemeinsamen
Dämmer- oder Abendschoppens, wobei sie bis zur Rührung
vom Talent, vom Fleiß und vom Edelmut des für die
Seinen sich aufopfernden „großen Oskar" schwärmen
konnten. Weniger gemütlich waren bei der Engigkeit der
infolge neuen Kindersegens mehrfach gewechselten Woh
nungen die Beziehungen zwischen dem alten Herrn und der
Schwiegermutter des Hauses. Sie waren wohl beide der
Meinung, daß ihre Kinder vom Schicksal äußerlich viel
bessere Partien verdient hätten.
Die Erinnerung an die verschiedenen Wohnungen, die
wir bis zum Siebziger Krieg innegehabt haben, dient mir
für die ersten Kinderjahre als Gedächtnisstütze. Die Großen
wunderten sich einmal darüber, daß ich als Knirps behaup
tete, wir hätten „früher einmal" einen Garten gehabt, ich
wüßte es ganz genau, da hätten wir auch immer in der
Rosenlaube Schokolade getrunken und Kuchen gegessen.
Sie stellten dann fest, daß eine solche Schlemmerfeier aller
dings ein einziges Mal stattgefunden hatte, - aber daran
könnte ich mich doch nicht erinnern! An Vaters Geburtstag
im Jahre 1867 hatte sich Mutter vom Hauswirt Ecke der
Bahnhofstraße ausgebeten, mit der Familie unten in der
Laube im Hof frühstücken zu dürfen. Das war am 13. Juni
gewesen - ich zählte also gerade achtzehn Monate. Das
außergewöhnliche Ereignis - die große Festversammlung -
die Rosen - die im Sonnenlicht zwecklos, aber feierlich auf
dem Geburtstagskuchen brennenden Wachslichte - das alles