Full text: Gottgesandte Wechselwinde

wir werden von unserem Posten abgelöst. In der Nacht 
übernimmt ein Reserveregiment unsere Stellungen in den 
Schützengräben. Morgen früh, vor Anbruch der Dämme 
rung, ziehen wir ab. Wir bekommen zwei Tage Ruhe, 
um dann zur dritten Nacht wieder die Gräben zu beziehen. 
Ich bin nach Mitternacht mit dem neuen Kompanie 
führer unsere Stellung abgeschritten. Der Nebel war so 
stark, daß wir uns ruhig in ganzer Figur zeigten. Es war 
so wohltuend, mal wieder eine Weile ausrecht dazustehen, 
zu laufen, sich zu recken, zu dehnen. 
Mit eiskalten Füßen in den Schützengraben zurück. Ein 
frierender Reservist, ein Süddeutscher, hat sich da in 
zwischen eingefunden. Als ich komme, gibt er sich kaum 
zu erkennen. Mein Hornist schläft bombenfest. 
„Du, ruck' a bissel", sag ich, „brauchst nöt gleich dös 
ganze Staatslager da zu beanspruchen, hö?" 
„Ha, mein, i frier' halt bis ins Mark, fiehchft." 
„Willst an Kognak?" 
„Wann's d' oan hast." 
„Kost amal." 
„Au, sein. Woher bist dann du jetzt? Ich, aus Minken." 
„Also Landsleut. Ich bin a Berliner." 
„WoaS du für Späß' im Kopf haft. Jetzt is mir wärmer. 
Sakra, ich hab' doch mein Mantel verlorn." 
„Kannst einen haben, von mir, wann's d' ihn willst." 
„A geh. Woahr?" 
„Da hast ihn." 
Draußen leise Rufe. Mein neuer Freund zieht mit seinem 
Grenadiermantel, der Liebesgabe eines toten Kameraden, 
in seinen Schützengraben ab. 
Ich friere in den folgenden Stunden schauderhaft, aber
	        
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