Full text: Gottgesandte Wechselwinde

den er als eine der besten Stützen seines Theaters be 
zeichnete. 
In den gräßlichen Novembertagen 1918 trat der ba 
dische Großherzog gleich allen andern Vertretern der Dy 
nastien im Deutschen Reich vom öffentlichen Schauplatz 
zurück. Leider stand er dort ganz allein demselben Pöbel 
gegenüber, den ich in den Tagen des Umsturzes in Berlin 
auf dem Schloßplatz, auf Bahnhöfen und in einzelnen 
Straßen erlebt hatte: fette wie hagere Burschen waren's, 
in Matrosenanzügen, die sie sicher nie an Bord getragen, 
mit wild flatternden Soldatenmänteln und mit unge 
sicherten Gewehren, die sie nicht einmal selbst zu laden 
verstanden, aber aus denen sie sinnlos das ganze Magazin 
schnell in die Luft verpufften. Es war dies eine lose Ver 
einigung von Leuten des Soldatenstandes zweiter Klasse - 
unter Vorantritt rassefremden Gesindels. Daß mit dem 
Waffenstillstand ein Regierungswechsel erforderlich ge 
worden war, wußten wir alle; aber daß die Gasse und die 
Gosse ihn mit so leichtem Sieg vollzog, während unfere 
Truppen zähneknirschend den Heimmarsch antraten, immer 
noch ihrem Fahneneid gehorsam, das peitschte uns Ver 
abschiedeten das Blut auf. 
Die Berliner Kommandantur hatte sich den neuen 
Mächten rasch gefügt. Sie befahl: es darf nicht geschossen 
werden. Eine Zeitlang blieb nun also das rote Pack Herr 
in Berlin. Wenigstens wurde den Vororten, in denen es 
keine zuverlässige Polizei mehr gab, nicht verboten, Ein 
wohnerwehren aufzustellen. In Westend übernahm ich, 
zusammen mit andern aus dem Feld soeben Heimgekehrten, 
die Sicherung der abgelegenen Alleen in Nächten, in denen 
Streikbewegungen oder Überfälle drohten. Wir waren 
etwa sechzig Mann, verfügten über Gewehre und Patronen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.