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kleine, zierliche Professor Buchte stand in der Tür. Er hatte
die Untat des Prinzen gesehen. Unheimlich ruhig kam er
heran und sagte: „Prinz Max, wann Sie später einmal
mit der Waffe in der Hand dän Feind aufs Haupt schlagen,
so soll mich's freuen; hier vor der griechischen Stunde -
und mit der Bibel - verbitte ich mir'ö. Sähen Sie sich."
Und dann begann der griechische Unterricht. Weiß der
Himmel, wie der kleine Professor den Weg von der
Odyssee zum deutschen Adel fand: es gab eine lehrreiche
Stunde über die Pflichten der Aristokratie. Der Prinz hatte
die Straflehre wahrhaftig nicht verdient. Immer blasser
wurde er. lind er tat uns leid. Aber stolz waren wir dabei
doch auf unser Bürgertum.
Natürlich erzählte ich das kleine Erlebnis zu Haufe.
Vater vertrat die Ansicht, daß gerade im „Mufchter-
ländle" Baden die Künstler und die Gelehrten allen Anlaß
zur Dankbarkeit gegen ihren Landcsfürstcn hätten. Dem
Großherzog Friedrich rechnete er's als eine epoche
machende Tat auf dramaturgischem Gebiet an, daß er
Eduard Devrient berufen hatte. Den beiden Landes
universitäten wandte er mehr als die übliche äußere Auf
merksamkeit zu. Und was auf deni Boden der bildenden
Künste für Karlsruhe geschah, verdankte fast alles der
Anregung oder der Spenderhand des Großherzogs die
Förderung. Als der Akademiedircktor Lefsing Feuerbachs
„Dante" für die Galerie ablehnte, kaufte der Landesherr
das Gemälde für seinen Privatbesitz an. Nach Lessings
Tod berief er Gustav Schönleber: er wußte immer mit
der Zeit und der künstlerischen Stilentwicklung mitzugehen.
Um dem alemannischen Dichter Johann Peter Hebel ein
Denkmal zu setzen, war seinerzeit unter der Bürgerschaft
eine Sammlung veranstaltet worden. Das Ergebnis war