zweiten Nacht weitere drei Kinder. Mein Schulkamerad
quälte sich noch einen halben Tag länger; dann starb auch
er, und O.s blieben kinderlos zurück. Mir war's ganz un
wirklich, den größten Schmerz bereitete mir's dann, daß
Onkel Gustav mir der Ansteckungsgefahr halber nicht er
laubte, zur Trauerseier zu gehen. Als ich der schwarz
gekleideten, tief verschleierten Frau einmal begegnete, lies
sie mit ausgebreiteten Armen aufgeregt rufend, fast schrei
end auf mich zu. „Ach, Oskärle, jetzt bin ich ja so ganz
allein! Was sagsch bloß? Komm doch als zu mir und spiele
bißle im Hof, es ifch ja so arg still jetz. Ich geb dir auch von
meine Koschtüm', was d' hawwe willfch." Sie schlug den
Schleier zurück und zeigte mir, wie das Emmale dagelegen
habe, wie ein Engel habe das Kind gelächelt zuletzt - so! -
und der Albert habe noch immer gerufen, als er schon im
Ersticken war: „Ja, wo isch denn unser Prinzeßle - unser -
Prin - zeß. . .?" Sic machte es nach, ganz laut, mehr
mals ! Vorübergehende blieben stehen. Ich durste sie ja
der Ansteckungsgefahr halber nicht besuchen, aber sooft sie
mich sah, stürzte sie in ihrer aufgeregten Art auf mich los.
llnd ihr auf der Straße so laut geäußerter Schmerz, die
immer wiederholten Erinnerungen, die Darstellung der
letzten Lebensäußcrungen ihrer Kinder wirkten allmählich
doch wie recht schlechtes Theater auf mich.
An Alberts mit in den jungen Tod hinübergenommene
Sünde auf der Messe wurde ich erst später wieder erinnert.
Neuerdings ging ich mit dem Viktor, meinem Nachbar
auf der vorletzten Schulbank, auf weite Streifzüge aus.
Auf den Feldern zwischen Beiertheim und Bulach, Rüppur
und Durlach, Mühlburg und Knielingen wußte er Mieten
mit Kartoffeln. Zwei Brüder von ihm, die die Volksschule
besuchten, und Schulkameraden von diesen zogen mit uns
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