1. Soweit das Recht bindend die Organe, die für den Staat
nach aussen oder im innern handeln, — den Herrscher, den Träger
der Gesetzgebung, das Beamtentum ete. — und das Verhältnis
der mehreren Organe zu einander regelt, ist es Verfassung s-
recht (teils zum Völkerrecht, teils zum Staatsrecht gehörig).. Sein
Nutzen äussert sich in der nur so möglichen Stetigkeit und
Ruhe der staatlichen Thätig keiten nach aussen und innen.
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2, Soweit das Recht die Thätigkeit eines Staats im Ver-
hältnis zu anderen unabhängigen Staaten regelt (im Völkerrecht
im w. S.), bedeutet es .den. Schutz der Staaten in ihrer Gleich:
berechtigung, in der gesicherten Erhaltung ihres Gebiets, ihrer
Hoheitsrechte, ihrer ungestörten Kultur-, Justiz-, Handelsthätig-
keit u. s. w.
3. Seine Hauptbedeutung jedoch entfaltet der Gedanke des
Rechtsstaats in der rechtlichen Regelung der Staatsthätigkeiten
im Verhältnis zu den Bürgern oder untergeordneten Ver-
bänden (auch Gemeinden ete.). Hier schliesst sie die Forderung
ein, dass die Lasten und Vergünstigungen des Bürgers
vom Staat nicht nach Willkür, mit Rücksicht auf Macht und
Zweckmässigkeit des Einzelfalls und der Einzelpersonen be-
messen werden dürfen (Despotismus), sondern nur nach Mass-
gabe eines allgemeingültigen Grundsatzes, welcher alle
in ähnlicher Lage befindlichen Bürger gleichmässig berechtigt und
verpflichtet. Diese Aunwartschaft des Bürgers auf ein festes
Mass staatlicher Belastung und staatlichen Schutzes nennt man
traditionell die politische Freiheit des Bürgers. Sie schliesst
im Verhältnis mehrerer Bürger zu einander bereits notwendig die
politische Gleichheit ‘ein. Hierbei ist nach verschiedenen
Richtungen hin ein Missverstehen der Begriffe „Freiheit“ und
„Gleichheit“ zu vermeiden:
a) Die politische Freiheit bedeutet nicht ein bestimmtes
Mass von Rechten oder von Sicherheitsmassregeln gegen
staatliche Eingriffe (eine bestimmte Steuerlast, Heereslast, freie
Verteidigung im Prozess etc.). Diese Masstäbe können in allen
Zeiten und Völkern sehr verschieden sein. Infolgedessen darf die
politische Freiheit keinesfalls mit der individuellen (wirtschaft-