haltung des Staats selbst, seiner völkerrechtlichen Persönlich-
keit nach aussen wie seiner Rechtsordnung im innern, auf denen
seine gesamte Kultur ruht, muss die übrigen inneren Auf-
gaben des Staats zurückdrängen, — vor allermn das Bedürfnis
nach landschaftlicher und kommunaler Selbständigkeit und nach
schützenden Verfassungsformen. Sie begründet für alle Volksteile die
Notwendigkeit, sich im Interesse jenes obersten Zweckseiner zentra-
lisierten (selbständige Staatsglieder aufsaugenden) und absoluten
(Verfassungsschranken beseitigenden) Staatsgewalt unterzuordnen.
Völker, die nicht fähig sind, im Moment dringender äusserer Gefahr
sich einer grösseren Macht zu unterwerfen, gehen unter oder verlieren
ihre staatliche Selbständigkeit (Jonier, Kelten, Polen). Völker, dienicht
fähig sind, sich einer ausgleichenden Reorganisation ihrer Parteien
zu fügen, werden entwicklungs- und damit schliesslich selbst
existenzunfähig (Sparta).
Der Prozess der politischen Gesamtentwicklung vollzieht sich
deshalb wesentlich im Wechsel von Perioden normaler Kultur-
pflege unter Selbstverwaltung und Verfassungsbildung,
welche beruhigte Situationen zur Voraussetzung haben, und von
Perioden der Zentralisierung und des Absolutismus, welche
durch schwere äussere oder innere Konflikte hervorgerufen werden.
Die Wiederkehr solchen Wechsels findet ungleich häufig und in
ungleichen Abständen statt. Keineswegs sind aber die Perioden
des Absolutismus an sich ungesunde Erscheinungen im Völkerleben,
— lediglich Produkte der Vergewaltigung der einen Volksschicht
durch eine andre (herrschende Klasse), sondern — solange sie durch
das Interesse gemeinsamer Sicherheit eines Volks geboten sind,
— normale Erscheinungen, — ja, besonders bei Klassenkämpfen,
notwendige Vorbedingungen zur Wiederherstellung des verfassungs-
mässigen Lebens. Nur ist freilich denkbar, dass häufig wieder-
holte gewaltsame Steigerungen der Staatsgewalt die grosse Masse
einer Nation schliesslich so erschlafft, dass ihre Hebung und damit
die Regeneration des Staats überhaupt nicht mehr möglich ist.
(Inder, Chinesen). Das endgiltige Schicksal einer Nation hängt
deshalb vorwiegend davon ab, in welchen Entwicklungsphasen sie
vor solche Krisen gestellt wird.