Full text: Grundriß zur Vorlesung über Allgemeine Staatslehre und Politik

Staats, Allerdings steigert sich die Staatsbildung rasch wieder 
zum Universalismus, — zunächst befördert von der Erbin der 
antiken Kultur, der christlichen Kirche, die das Aufkommen 
einer Hegemoniemacht zum Schutz gegen ketzerische und barbarische 
Elemente braucht. (Kritische Momente: die Einfälle der Hunnen 
ca. 400 und der Araber ca. 700). Die Folge ist das merowingische, 
dann das karolingische Reich. 
Das Frankenreich bewegt sich dabei ganz in den römischen 
Bahnen in steigender Zentralisierung: Beseitigung der Unterkönige 
und Stammesherzöge, Disziplinierung der Grafen durch die Send- 
boten, Ausbildung des Berufsreiterheers mit Hilfe des Lehnsystems, 
— steigender Absolutisemus: Konzentrierung von Gesetzgebung, 
Verwaltung, Justiz im König und seinen Beamten, Verkümmerung 
der Herresversammlung aller Freien, ersetzt durch einen willkürlich 
vom König berufenen Rat der weltlichen und geistlichen Reichs- 
beamten. Aber seit ca. 850 bedingt die Schwäche der Regenten 
und die Trennung der äusseren Interessen (Araber im Süden, 
Normannen im Westen, Ungarn und Slaven im Osten) den Zerfall in 
grössere Komplexe (Frankreich, Burgund, Italien, Deutschland). 
Gleichzeitig schliesst sich England, bisher im Zustand der Völker- 
wanderung verblieben —, zur Einheit zusammen, (Egbert u, Alfred), 
Die universalistischen Pläne werden allerdings von den 
deutschen Königen (Otto IL, Konrad II., Friedrich I.) wieder aufge- 
nommen, scheitern aber (definitiv im 13. Jh.) an dem Bund der 
inzwischen erstarkten Kirche mit den partikulären und nationalen 
Gewalten. Innerhalb dieses Kampfs kommt an manchen Stellen 
auch der Stadtstaat mit reichem innerem Verfassungsleben zu 
neuer Bedeutung (Oberitalien, — bes. Florenz —, Flandern, -— 
Ansätze in Deutschland). Er wird jedoch in der Folge von den 
erstarkenden territorialen und nationalen Bildungen (italienische 
Tyrannenstaaten, deutsche Landesherrschaften, französische Monar- 
ehie, burgundisches Herzogtum) mit verschwindenden Ausnahmen 
(Schweiz) aufgesogen. 
IL. In der Zeit von ca. 900 — ca. 1450 bilden sich die terri- 
torialen und nationalen Verfassungsstaaten: immer schärfer ‚aus, — 
überall in Form des Gegensatzes zwischen dem Königtum, den 
landschaftlichen Dynasten (grosse Kronvasallen: Herzöge, Fürsten), 
den adligen Grundherren (kleine Kronvasallen und Untervasallen) 
und (seit ca. 1000; vgl. ob.) den Städten,
	        
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