Richard Schmidt, Staatslehre 16.
jer Weltkriegs- und Expansionspolitik die Provinzen und Ge-
neinden zu blossen staatlichen Regierungsbezirken herabgesunken.
So richtig verstanden auch in England. Denn von dem Augenblick
an, wo das streng oligarchische Parlament des 18. Jh. die eigent-
liche Regierungsgewalt des Zentralstaats geworden ist, erscheinen
die Friedensrichter der Grafschaften und Städte (Grundherren
and Stadtpatricier) als blosse nach unten völlig unumschränkte
Kommissare dieser Klassenregierung. Häufig sind sie dieselben
Dersonen, wie die Parlamentsmitglieder, ;
Je mehr sich nun seit der Revolution das System der völker-
rechtlichen Gleichberechtigung der Nationalstaaten wieder festigt,
desto mehr tritt der Gedanke der echten verfassungsmässig
deschränkten Selbstverwaltung in den Vordergrund. Anregend
wirkte (wie in der National- und der Freiheitsbewegung des 19. Jh.)
auch hier das Beispiel der vereinigten Staaten, wo als unmittelbare
Folge der Kolonisation eine äusserst zwanglose Form der Selbst-
verwaltung der einzelnen Kolonien (Staaten) und Gemeinden (township)
zurückgeblieben war (in der Gemeinde z. B. select men mit andern
gewählten Gemeindebeamten, — Bürgerversammlung) — wobei
meist übersehen wurde, dass in Amerika oft jede Verbindung der
Gemeinde mit dem Staatsganzen, hergestellt durch ein überwachendes
Staatsbeamtentum; fehlte. Im übrigen erfuhr die Frage der Selbst-
verwaltung je nach der Stellung der modernen Staaten zur Frage:
Universalismüs oder Nationalstaat, ganz verschiedne Behand-
ianng. Die Bewegung ist wiederum verschieden für das Verhältnis
des Staats zur Provinz und Gemeinde und für das eines cventuellen
Oherstaats zu Unterstaaten und Kolonien.
Ss 14. Staat, Provinzen und Gemeinden.
I. Da in Frankreich die Revolution und das Kaiserreich
yerade die schroffste Form der erobernden Expansion vertreten, so
wirken sie auf die vom ancien regime gebrochne Selbstverwaltung
der Landschaften und Städte nicht nur nicht belebend, sondern
vanz folgerichtig erst recht vernichtend. ‚Seit 1793