$ 20. Konstitutionalismus und Parlamentarismus.
{. Die konstitutionell monarchische Regierungsform (insbes. in
den deutschen Einzelstaaten, dem Reich und Oesterreich) und die
parlamentarisch - demokratische Regierungsform, die wiederum als
Scheinmonarchie, Erbfürstentum (England) und als Republik (Frank-
reich) auftritt, unterscheiden sich nur durch die verschiednen Grund-
sätze, nach denen die gleichen Organe politisch thätig werden,
Entscheidend ist der überall mehr gewohnheitsrechtlich, als aus-
drücklich durch Verfassungsgesetz anerkannte Grundsatz, dass der
deutsche Monarch die Minister nach Gutdünken auswählt und sie
beibehält oder entlässt, je nachdem sie seinen Regierungstendenzen
entsprechen oder nicht (wenn er hierbei auch durch freiwillige
Rücksichtnahme auf die Volksstimmung beeinflusst werden mag),
während das französ., engl. Staatshaupt die Minister aus den durch
die Parteien gewählten Parteiführern und zwar. aus der je-
weiligen Majoritätspartei entnehmen muss (also Pflicht zur Ent-
lassung, wenn das Parlament dem am Ruder befindlichen Ministerium
ein Misstrauensvotum ausstellt).
In der Verschiedenheit äusserer Einrichtungen kommt
dieser Gegensatz jedoch nicht zum Ausdruck, da die Ausübung der
Regierung in beiden Fällen in der Hand des Ministeriums (8 23)
liegt. Ausnahmsweise kann ein Parlament die sog. Kabinettsfrage
wohl bei einem einzelnen Regierungsakt aufwerfen. Aber auch im
monarchischen Staat kaun ein einzelner Regierungsakt (des
Monarchen) Gegenstand einer Interpellation werden. Im Vebrigen
beschränkt sich der Regel nach die Mitwirkung des Parlaments auf
die Akte der Gesetzgebung und auf die Feststellung des
Budgets, Etats, Staatshaushaltplans, die für eine gewisse
Zeitdauer (Etatsperiode) erforderlichen Einnahmen und Ausgaben,
welche Gelegenheit giebt, alle einzelnen Zweige der Zentral-
verwaltung (Militär, Aeusseres, Inneres, Justiz ete.) mit dem Ministerium
Jurchzusprechen. Insbesondre das Budgetrecht hat allerdings. je
nach der Regierungsform verschiedne Bedeutung.
1. Im konstitutionellen Staat ist.es (wie im altenglischen
Staat 0. $ 9) so auch heute im deutschen an sich eine Ausnahme,
insofern das sonst nur gesetzgebende Parlament bei einem Ver-