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Schitomir nach Warschau und übernahm die Redaktion der
„Gazeta Codzienna,‘ jetzt ,,Gazeta Polska.“ Schon in den
ersten Nummern erwies er sich als ein Publizist, der in
jedem Menschen vor allen Dingen die Menschenwürde achtet,
ohne seine Ansichten irgend welchen Nebenmotiven unter-
zuordnen.
IL — (1865. No. 14). — In der ausserordentlichen
Sitzung der Stadtverordneten in Riga vom 28. Dezem-
ber 1864 fanden Debatten statt, welche die Grundlagen der
Umgestaltung der städtischen Verwaltung betrafen.
In erster Linie wurde die Frage betreffend die Ver-
leihung. der bürgerlichen Rechte an die Juden erörtert.
In dieser Hinsicht hat die Versammlung offen bekundet, dass ihr
immer noch der Geist mittelalterlicher‘ Intoleranz innewohnte,
den man jetzt mit aller Macht sowohl in Westeuropa als auch
in Russland auszurotten bemüht ist, wo die Juden, dank
dem erleuchteten Vorgehen der Regierung, Schritt für Schritt
zu neuen Rechten gelangen, trotz der gegenteiligen Ansicht
mancher Reaktionäre, die sich leider in unserer Gesellschaft
noch häufig vernehmen lassen. Aus diesem Grunde hat uns
der Beschluss der Rigaer Versammlung mehr als überrascht,
nach welchem das Ansuchen der Juden darum abgewiesen
wird, weil sie im grössten Teil des russischen Reiches die
bürgerlichen Rechte noch nicht besitzen, und weil, wenn
die Stadt Riga in dieser Hinsicht eine Ausnahme machte,
ein fórmlicher Ansturm von Seiten der Juden dahin erfolgen
würde. Ganz abgesehen davon, dass dieses Argument hin-
sichtlich der Orte, an denen in Russland Juden leben, nicht
zutrifft, erlauben wir uns an die ehrenwerten Higaer Stadt-
verordneten die Frage zu richten, wo denn eigentlich die
gepriesene Überlegenheit an Bildung und Kultur steckt,
welche die Ostseeprovinzen, wie die ,,Rigaer Zeitung“ uns
noch vor kurzem belehrte, vor dem übrigen Russland aus-
zeichnet?
Möge die Rigaer Stadtverwaltung sich nur recht aufmerk-
sam in den Sinn ihres Beschlusses gegen die Juden ver-
tiefen und bedenken, dass auch dieses von ihr jetzt zurück-
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