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Die Notwendigkeit aber, endgültig die jüdische Frage
zu lösen, erscheint noch viel dringender, wenn man auch
nur flüchtig in das Wesen jener „vorläufigen“ Verordnungen
über die Juden vom 3. Mai 1882 eindringt. Ganz abgeschen
von der Eigenartigkeit des Mittels, das zur Verschmelzung
der jüdischen Bevölkerung mit dem Stammvolke und zur
Entwicklung des russischen Bürgersinns unter den Juden
empfohlen wird, und das darauf hinausläuft, ihnen das Recht
zur Erwerbung oder Pachtung von Grundeigentum zu land-
wirtschaftlichen Zwecken zu entziehen, macht uns der fünfte
Punkt dieser Bestimmungen — über die Ausübung des
Schankgeschäfts — der übrigens aus irgend welchem Grunde
nicht in der vorgeschriebenen Weise veröffentlicht wurde,
vollständig irre.
Dieser Punkt räumt bekanntlich den Juden nur das
Recht ein, das Schankgeschäft „in ihren eigenen, auf eigenen
Grundstücken errichteten Häusern zu betreiben, falls die
Grundstücksurkunde in vorgeschriebener Weise vor der
Veröffentlichung dieser ‚Bestimmungen vollzogen worden
ist.“ Was liegt nun der Gesellschaft oder dem Staate daran,
ob das Schankgeschäft im eigenen oder im gemieteten
Hause betrieben wird? Was liegt der Gesellschaft und dem
Staate daran, ob jemand ein Schankgeschäft im eigenen
Hause betreibt, das vor oder nach dem 21. Juni 1882 er-
worben worden? Weshalb soll jemand, der ein eigenes
Haus auf eigenem Grundstück besitzt, das Vorrecht, ein
Schankgeschäft zu betreiben, vor demjenigen haben, der ein
eigenes Haus auf einem gepachteten Grundstücke besitzt?
Die Ortsbehörden deuten die Erwähnung der „Grundstücks-
urkunde“ in dem angeführten fünften Punkte der „vorläufigen“
Bestimmungen dahin, dass durch ihn das Recht, ein Schank-
geschäft zu betreiben, denjenigen Hausbesitzern entzogen wird,
die ihre Häuser durch andere unanfechtbare Akten, wie Be-
sitzurkunden, Schenkbriefe u. s. w. erworben haben. Aus
welchem Grunde aber spricht der Staat den Eigentümern
ihr Recht in solchen Fällen ab, in denen Eigentumsurkunden
vorhanden sind, die von den Gesetzen in jeder anderen Be-
ziehung anerkannt werden?
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