Full text: Die Juden in Russland; Urkunden und Zeugnisse Russischer Behörden und Autoritäten

„3. — 
Infolge der gegenwärtigen Lage der Juden zerfällt Russ- 
land in kommerzieller Beziehung in zwei Staaten, die durch 
eine mehr oder weniger undurchdringliche Mauer von einander 
getrennt sind, und zwar: in ein westliches Gebiet, in dem 
der Handel sich fast ausschliesslich in den Händen der Juden 
befindet, und in ein ôstliches oder grossrussisches, das für 
die Juden gesperrt ist. Die grossrussischen Manufaktur- 
erzeugnisse kónnen in den westliehen Gouvernements fast 
nur durch Vermittlung von Juden Absatz finden. Für eine 
solche Vermittlung ist es aber vor allen Dingen notwendig, 
dass die jüdischen Händler sich in den grossrussischen Manu- 
fakturcentren frei aufhalten dürfen. Dieser freie Aufenthalt darf 
demgemäss durch keineAusnahmebestimmungen beengt werden, 
da alle Ausnahmebestimmungen notwendig die Einleitung und 
Abwickelung jedes Handelsunternehmens lähmen müssen. Bei 
dem gegenwärtigen Stande der Dinge sind die Juden ge- 
zwungen, zum Ankauf von Manufakturerzeugnissen für die 
westlichen Provinzen nach Deutschland oder Österreich zu 
gehen, welche Länder ihnen zugänglicher sind, als die innern 
Gouvernements ihres eigenen Vaterlandes. Dem Umstande, 
dass der Bezug von Manufakturerzeugnissen über die west- 
liche Grenze durch den hohen Warenzoll erschwert wird, 
steht die Thatsache gegenüber, dass der Bezug dieser Waren 
aus den innern Gouvernements durch die hohe Kopfsteuer, 
die den Juden auferlegt wird, noch mehr erschwert ist. Der 
jüdische Händler muss nämlich für das Recht, sich in den 
innern Gouvernements seines Vaterlandes frei bewegen zu 
dürfen, zunächst in seinem Wohnort fünf Jahre lang die Ab- 
gaben der ersten Gilde zahlen, die dann auch weiterhin auf 
ihm lasten. Es ist klar, dass unter diesen Umständen viele 
jüdische Kleinhändler es vorziehen, sich mit Waren aus 
Deutschland und Österreich zu versorgen, wodurch den Er- 
zeugnissen der innern Gouvernements der Absatz im west- 
lichen Reichsgebiet so gut wie verschlossen wird. 
Andrerseits wird, wie bekannt, ein grosser "Teil der 
westeuropäischen Manufakturerzeugnisse, deren die gross- 
russischen Gouvernements bedürfen, per Achse über die 
westliche Landesgrenze durch Vermittlung von Juden bezogen. 
€
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.