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Bei Erwägung der Frage, wo cine Annäherung der
Juden an die russische Bevölkerung wünschenswerter sei: ob
in der Masse der Bevölkerung oder in der gebildeten Minder-
heit, äusserten sich die Mitglieder der Kommission wie folgt:
W.W. Fedorow bemerkte, dass eine Annäherung mittels
der Schulen nur dann erreicht werden könne, wenn diese
Schulen von einer grossen Anzahl jüdischer Kinder besucht
würden. Zu diesem Zwecke empfehle es sich, diejenigen,
die den Kursus der Elementarschulen absolviert haben, von
jenen Beschränkungen zu befreien, welche auf den Juden
lasten und sie verhindern, vollberechtigte Bürger des Reichs zu
werden. — G.M.Zechanowezki sagte in weiterer Entwickelung
dieses Gedankens: Die erste Beschränkung, die man zu
Gunsten derjenigen, die den Kursus der Elementarschulen
absolviert haben, aufheben müsse, sei die Aufenthalts-
beschränkung innerhalb der Grenzen der westlichen und
kleinrussischen Gouvernements, falls es nach der Auffassung
der Regierung nicht angehe, dass allen Juden überhaupt der
Aufenthalt an jedem beliebigen Orte freigestellt werde.
W. A. Nesabitowsky war ebenfalls der Meinung, dass
eine Annäherung zwischen den Juden und den Stamm-
einwohnern wünschenswert sei, hielt es jedoch für ungerecht-
fertigt, der Regierung allein die ganze Sorge bezüglich dieser
Annäherung zu überlassen, während die Juden selbst
derselben nach wie vor widerstreben würden. Die Bereit-
willigkeit und Empfänglichkeit für eine solche Annäherung
müsse in gleicher Weise auch bei den Juden selbst zu Tage
treten.— I. IL Slepuschkin wies in seiner Erwiderung auf die
Ausführungen Nesabitowskys darauf hin, dass es nicht
angehe, die Masse der jüdischen Bevölkerung und die Re-
gierung in Vergleich zu stellen und die Massnahmen der
Regierung im Geiste einer Annäherung der beiden Elemente
nach der Mitarbeit oder Bereitwilligkeit. der ersteren zu be-
messen. Die Masse bleibe auf alle Fälle eben Masse; von
ihr könne die Initiative nicht erwartet werden. Der Regie-
rung gebühre schon ihrer Stellung nach die führende Rolle,
und ohne unbeugsame Massnahmen von ihrer Seite sei eine
Wandlung der Dinge wohl schwerlich zu erwarten.
Juden in Russland.