Full text: Die Juden in Russland; Urkunden und Zeugnisse Russischer Behörden und Autoritäten

— 95 — 
lediglich eine Erbschaft ihrer einstmaligen und gegenwärtigen 
Lage sind. Werden die Ursachen entfernt, werden jene 
Beschränkungen aufgehoben, die den Juden in allen Ge- 
bieten ihrer Thätigkeit hindernd im Wege stehen — dann 
werden auch die Folgen verschwinden, 
Erstrebt die Gesetzgebung aufrichtig ein solches Resultat, 
dann muss sie mit einem Schlage und ohne Zögern den 
Knoten zerschneiden und es der Zeit überlassen, das Übrige 
zu thun. Ohne radikale Massnahmen vermögen alle vorüber- 
gehenden Palliativmittel das Übel nicht zu beseitigen, und 
indem wir für die Beschränkungen eintreten, setzen wir, 
ohne es ‚selbst zu merken, immer nur die alte Politik fort, 
bekennen wir uns nach wie vor zu den bisherigen, nur 
durch den Geist der Neuzeit ein wenig gemilderten Tra- 
ditionen. 
Von diesen allgemeinen Gesichtspunkten zu der Frage 
des freien Niederlassungsrechtes übergehend, sahen die An- 
hänger dieser Auffassung keine wesentliche Gefahr darin, 
dass man der gesamten jüdischen Bevölkerung, zum min- 
desten aber denjenigen, die eine jüdische und christliche 
Schule besucht hätten, dieses Recht gewähre. Sie wiesen 
darauf hin, dass, falls man eine Ausbeutung durch die Juden 
befürchten sollte, wie sie in den westlichen und südlichen 
Landesteilen seitens der Juden zum Schaden der übrigen 
Bevölkerung stattfinde, die Bevölkerung der grossrussischen 
Gouvernements, dank ihrem geschäftstüchtigen und unter- 
nehmenden Charakter, einer solchen Ausbeutung weit leichter 
zu widerstehen vermöge. Und übrigens, wenn diese Aus- 
beutung wirklich so schrecklich sei, weshalb solle dann ihre 
ganze Last nur auf einen Teil des Reiches fallen? 
Indessen könne man mit unzweifelhafter Sicherheit 
annehmen, dass bei einer Erweiterung des Wirkungsgebietes 
der Schaden der Ausbeutung zweifellos abgeschwächt werden 
würde. ,Die Juden sind nur dadurch stark, dass sie kon- 
zentriert sind. Wird ihnen das Recht eingeräumt, überall 
wohnen zu dürfen, so kann man kaum erwarten, dass die 
Übersiedelung in Massen vor sich gehen wird, vielmehr 
werden sie einzeln, wenn auch in grosser Anzahl, sich iu 
4?
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.