Full text: Die Juden in Russland; Urkunden und Zeugnisse Russischer Behörden und Autoritäten

in 
werfen. Du sollst das Recht nicht beugen, sagte es dem 
Juden, und sollst auch keine Person ansehen noch Geschenk 
nehmen. Es soll kein Unrecht geben weder im Gericht, 
noch im Mass, noch im Gewicht beim Kauf und Verkauf 
(Mos. 3.19, 35— 36. Mos. 5. 1, 16--17). Verflucht sei, wer 
das Gesetz der Gerechtigkeit stört, das Recht des Nächsten 
verkümmert. (Mos. 5. 27, 17). 
Eine besondere Fürsorge für die unglücklichen Brüder 
und Mitleid mit ihnen forderte das Gesetz von allen Mit- 
eliedern der Gemeinschaft. Überall in ihm sind Lehren über 
die Fürsorge für die Waisen, die Witwen und die Armen 
eingestreut; alles in diesen Lehren atmet vàüterliche Fürsorge. 
Bedrünget keine Witwen und Waisen, wiederholt häufig der 
Gesetzgeber (Mos. 2, 22, 22 u. 5. 10, 18). Es verbietet, das 
Feld vollständig abzuernten und das vom Schnitt Zurück- 
gebliebene aufzulesen: ebenso auch alle Früchte vom Baume 
zu pflücken. Vom Überfluss des Besitzers sollte auch der 
Arme seinen Teil haben (Mos. 3. 23, 22 u. 5. 24, 19—21). 
Es gebietet, den Armen Geld ohne Zinsen zu leihen (Mos. 2. 
22, 25—26 u. 3. 25, 36—37). Jedermann war gehalten, 
seinem Nächsten in der Bedrängnis beizustehen (Mos. 5. 
15, 7—11) und den Armen die Schulden zu erlassen um 
Gotteswillen. 
K. In einer Religion, die allein unter allen Religionen 
eine klare Vorstellung von der Abstammung aller Menschen 
von einem einzigen Vater hatte und den Wert des Menschen 
so überaus hoch anschlug, konnte kein Raum sein für eine 
Unterscheidung zwischen Volk und Volk, für eine Einteilung 
in höhere und niedere Rassen, in von Haus aus barbarische 
und nicht barbarische Stämme. Die Juden waren das ein- 
zige Volk der alten Welt, das einen richtigen, allumfassenden 
historischen Blick für das Leben des Menschen und die 
menschliche Gesellschaft besass, einen Blick, der selbst den 
Griechen, diesem vornehmsten unter den Volkern des Heiden- 
tums, abging. Sie konnten niemals das Bewusstsein von 
der Einheit aller Völker und von den höheren allgemeinen 
Daseinszwecken des gesamten Menschengeschlechts verlieren.
	        
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