Full text: Der kleine Lord

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ganz stolz, denn einen, hübscheren Jungen und mit bessern 
Manieren, nur hier und da ein wenig altvaterisch, habe er 
seiner Lebtage nicht gesehen, sagt Mr. Thomas," 
Dann war noch die Geschichte mit Higgins dazu ge 
kommen, und Ncwick selbst hatte zwei oder drei Leuten das 
mit „Fauntleroy" unterzeichnete Schreiben gezeigt, so daß 
der Gesprächsstoff gar nicht ausging und am Sonntag alles 
zusammenströmte, um womöglich den neuen kleinen Lord selbst 
m Augenschein zu nehmen. 
Der Graf war kein sehr eifriger Kirchgänger, aber an 
diesem ersten Sonntag gefiel es ihm, beim Gottesdienst zu 
erscheinen: Fauntleroy indem großen Kirchenstuhle neben sich 
sitzen zu haben, hatte einen gewissen Reiz für ihn. 
Man stand heute lange plaudernd auf dem Kirchhofe 
umher; an der Kirchenthür und draußen auf dem Wege, 
überall bildeten sich Gruppen, und die Frage, ob Mylord 
kommen werde oder nicht, wurde immer wieder aufgeworfen 
und besprochen. Plötzlich stieß eine der Frauen die andre 
an — „dort," flüsterte sie, „das muß die Mutter sein, das 
arme junge Ding," 
Aller Augen richteten sich auf die schlanke Gestalt in 
schwarzer Kleidung, die den Fußweg herauf kam. Sie hatte 
den Schleier zurückgeschlagen, so daß man das süße, liebliche Ge 
sicht und das lockige Haar, das weich und schimmernd unter 
dem Hute der jungen Witwe hervorquoll, deutlich sehen konnte. 
Sie nahm die Leute nicht wahr, die sie anstarrten — 
sie dachte an Cedrik und seine Besuche, sein Glück über 
den eignen Pony und an sein liebes strahlendes Gesicht. 
Nach einiger Zeit aber ward sie sich doch bewußt, daß sie 
der Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit war. Zuerst fiel 
ihr eine alte Frau in einem roten Mantel auf, die ihr einen 
Knicks machte, dann kam eine andre, die desgleichen that und 
dazu „Gott segne Mylady!" sagte, und alle Männer nahmen 
die Hüte ab, als sie vorbeiging. Im ersten Augenblicke be 
griff sie die Sache nicht recht, dann aber ward ihr klar, daß 
diese Art von Huldigung der Mutter des kleinen Lords gelte, 
und ziemlich schüchtern und leise errötend erwiderte sie die 
Grüße und sagte mit sanfter Stimme zu der Frau, die ihr 
Segen gewünscht hatte: „Ich danke Ihnen," Für jemand, 
der sein lebenlang im Hasten und Treiben einer amerikanischen 
Großstadt gestanden hat, waren diese ländlichen Ehrfurchts 
bezeigungen befremdend und fast peinlich, schließlich thaten
	        
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