Übersetzung
67
Nicht nur bei Gewächsen in der Erde, sondern auch bei Lebe-
wesen auf der Erde treten Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit von
Seele und Leib ein, wenn die Umschwünge für jedes von ihnen
die Bahnen der Kreise schließen, welche kurz sind für kurzle-
bige Wesen, lang für langlebige. Gute Frucht und Unfruchtbarkeit
bei euch Menschen aber werden diejenigen, die ihr zu Führern der
Stadt herangebildet habt, obgleich [546b] sie weise sind, dennoch
nicht treffen durch Berechnung, die gebunden ist an Beobachtung,
sondern sie werden sie verfehlen, und man wird einmal Kinder
zeugen, obgleich man nicht sollte. Es gibt aber für ein göttli-
ches Geschöpf einen Zyklus, den eine vollkommene Zahl be-
stimmt, für ein menschliches aber <einen, den}? die erste <Zahl
bestimmt», in welcher wiederholte Vergrößerungen von Quadrat-
seiten und Quadraten zu drei Proportionen und vier begrenzenden
Werten führen, <gebildet aus Zahlen>, die Ähnlichkeit und Unähn-
lichkeit schaffen, wachsen lassen und schwinden, und alles in ein
<zahlenmäßig> ausdrückbares und [546 c] kommensurables Verhält-
nis zueinander bringen; deren mit Fünf vermähltes Grundverhältnis
Vier zu Drei liefert, dreimal gewachsen, zwei Verknüpfungen: die
sine quadratisch, Hundert. mal ebensoviel, die andere dort zwar
von gleicher Länge, aber rechteckig, hundert Quadrate der kom-
mensurablen Diagonale der Fünf, jedes subtrahiert um Eins, bei
der inkommensurablen aber <subtrahiert> um Zwei, und hundert
dritte Potenzen der Drei.
533 Der Sinn der Formulierung scheint zu sein: wenn der für das jeweilige
Lebewesen gültige Zyklus vollständig durchlaufen ist. Vgl. oben S.137
534 Für Konstruktion und Bedeutung von ndpeLoLV AutoUuG (‚sie entgehen ih-
nen‘) liefern vor allem dichterische Text die Parallelen (‘%Tlias’ I 132. Hes.
Th.613. Thgn.419 u.a.; vgl. LSJ s.v. xaptoxoucaı V); als Subjekte fungieren
eüyovia und &qopia. Das Subjekt zu yevwigovoıv bleibt unbestimmt (‚man‘;
gemeint sein können aus sachlichen und Altersgründen kaum allein die Regen-
ten: vgl. 540a4-8 mit 460e4-7, ferner 546d1-2). Anzunehmen ist somit
zweimaliger Subjektswechsel; die resultierende Unschärfe gehört zum Kolorit
der Passage (vgl. 546d3-8). ‚Alternative Deutungen werfen Probleme auf:
Kausatives yevwY1covoıv (Philipp [1980] 187 Anm.1) wäre singulär; die Auffas-
sung, die Regenten seien Subjekt aller drei Verben, aütoüs aber beziehe sich
auf xüxAoug (Meulder [1979] 130 Anm.2), bleibt den Beleg für die Konstruk-
tion napEoXEoDaL xux%A0ug (‚die Zyklen verfehlen‘) schuldig und scheitert auch
daran, daß die Regenten kaum alleiniges Subjekt von yevw1govoıv sein können
(s.0.). — Zu o0ds£v u@AAlov siehe H.-J. Newiger, Untersuchungen zu Gorgias’
Schrift ‚Über das Nichtseiende‘, Berlin/New York 1973, 23-29.